WHW 7. Tag: Von Inveroran nach Glencoe Mountain
Das Wildcampen am Fluss letzte Nacht war gar nicht so übel wie wir zunächst angenommen hatten. Statt der vorhergesagten – 4 °C war es angenehm mild geblieben, so dass es im Zelt schließlich eher zu warm war. Witzig war außerdem, dass uns in der Nacht mehrmals Rehe besuchen kamen, die ihr Zuhause neben dem Hotel von Inveroran haben. Deren Geräusche hörten sich zunächst wie übergroße Moskitos an, weshalb wir anfangs nicht ganz sicher waren was da genau ums Zelt schleicht, waren uns dann aber doch schnell sicher, dass es nur die zahmen Rehe von nebenan sein können. Am Morgen war es dann natürlich doch wieder windig, was das Aufstehen zusätzlich erschwerte. Glücklicherweise durften wir wenigstens die Toiletten des Hotels mitnutzen, die allerdings aufgrund der sehr limitierten Anzahl ständig besetzt waren. Lustigerweise trafen wir am Hotel auch Carl und David wieder, die wir am ersten Tag in Milngavie vor der Touristeninformation kennengelernt haben – beide sind einen Tag nach uns gestartet und waren nun bereits hier angelangt. Sind wir zu langsam? 😉 Insgesamt kamen wir heute nur sehr langsam in die Gänge und bis alles gepackt und erledigt war, war es bereits 11.30 Uhr. Die Sonne versteckte sich mittlerweile komplett hinter Woken als wir über mehreren Brücken vorbei an der Forest Lodge wanderten. Diese soll der Familie Fleming gehören, ebenso wie der gesamte Wald im näheren Umkreis (Ian Fleming – Auto von James Bond). Tatsächlich sollten wir heute auch, wenn unser Wanderführer Recht behält, noch an einen Ort kommen, in dessen Nähe der letzte Teil des James Bond Films „Skyfall“ gedreht worden ist. Und die Umgebung passte auch perfekt, leider haben das Haus oder den konkreten Drehort dann doch nicht zu Gesicht bekommen. Die Landschaft, die wir heute größtenteils durchwanderten war das Rannoch Moor und beeindruckte durch eine zu dieser Jahreszeit weite und recht karge Ebene mit sanften Anstiegen. Rundherum hatten wir beste Aussichten auf die Berge, wie z.B. den Stob a’Choire Odhair, Creise und Meall a’Bhuiridh. Gefühlt ging es die gesamte Zeit über nur bergauf, aber über viele Kilometer hinweg. Schwieriger war da eher der Untergrund, der bisweilen mit vielen größeren Steinen, die zum Umknicken einluden. Ab und zu wurden wir von leichtem Sprühregen überrascht, dazu wehte beständig eisiger Wind, mal von hinten, dann wieder von der Seite. Es waren heute viele Wanderer unterwegs, die meisten schienen nur Tagestouristen zu sein, aufgrund ihres leichten bis überhaupt nicht vorhandenen Gepäcks zu sein. Wenn man nicht in den Kalender geschaut hatte, merkte man spätestens daran, dass Wochenende war und für die Schotten noch ein langes Wochenende dazu. Denn der erste Maifeiertag ist auch in Schottland (wie in ganz Großbritannien) ein Feiertag und egal wie dieser fällt, der Montag darauf ist ebenfalls frei. Folglich waren bei dem für schottische Verhältnisse großartigen Wetters alle draußen in der Natur und, so sagte man uns, alle Unterkünfte zu dieser Zeit auf dem Weg nach Fort William ausgebucht. Zudem findet ab 7. Mai startend ein MotoCross Event auf dem West Highland Way um Kinlochleven statt. Beste Aussichten auf ein warmes Bett also… (eher nicht). Ebenso sollte Kings House, das eigentliche Ziel der heutigen Etappe, bereits ausgebucht sein und so steuerten wir die Skistation Glencoe Mountain an, die zumindest Toiletten und Duschen für Wanderer anbot – in Kings House hingegen gibt es nur noch einen wilden Campingplatz ohne weitere Facilities. Dieses Skigebiet ist das älteste in Schottland und für erfahrene Skifahrer und Snowboarder die Adresse schlechthin. Unter anderem gibt es dort die berühmt berüchtigte „Flypaper“, welches wohl die steilste schwarze Piste in ganz Großbritannien sei. Naja, wir waren nun ja leider nicht zum Snowboarden hier, sondern „nur“ zum Campen, und das war for free während der Skisaison. Die Duschen waren warm (5 Minuten Duschen für 1 Pfund), es gab Trockenräume und wie es ich für ein Skigebiet gehört, was zu essen. Der Campingplatz selbst kann eigentlich nicht als ein solcher bezeichnet werden. Eher wurde hier behelfsmäßig eine kleine Schneise in den Wald gemäht und kleine Terrassen auf Schotteruntergrund gebaut. Maximal 5 bis 7 Zelte haben dort Platz, wenn überhaupt…5 Meter weiter wurde gerade mit Baufahrzeugen daran gearbeitet, eine Fläche für neue Facilities zu schaffen.
Wir hielten uns so lang es ging im Gastraum der Skistation auf, bevor es dann zurück in die Eiseskälte und ins Zelt ging. So langsam begann es auch zu regnen und der Wind rüttelte ordentlich an unserem Zelt. Auf eine ruhige Nacht.
Schreibe einen Kommentar